Press Review – Tulatroubles (2011)
Source: Jazzpolizei, Blog, Germany
Man hat ja schon von den verschiedensten Musikgenres gehört. Christian Gansta Rap zum Beispiel (“God loves you, sucker!”), oder Jazz-Polka, oder Alternative Trance Pop. In diesem Kontakt erscheint die Musikrichtung Chanson-Ska fast schon gemäßigt. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Tula Troubles zwar eine Münchener Band sind, aber einen französischen Sänger haben und andere Bandmitglieder arabische, türkische oder italienische Wurzeln haben. Da kann man fast nicht anders, als einen kosmopolitischen Sound ansteuern.
Und so kennt die siebenköpfige Band, die ihre Anfänge in der studentischen Musikszene Münchens hatte, auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum kaum musikalische Grenzen. Von sanften, romantischem Schunkelpop über zackigen Ska-Rock bis hin zu dem ein oder anderen verzerrten Hardrock-Gitarrenriff werfen die Songs viele Einflüsse in einen Topf. Doch was auf dem Papier so klingt, als könnte es niemals harmonieren, funktioniert erstaunlich gut. Die größtenteils Lieder sind mehr als solide arrangiert, die verschiedenen Parts gehen wunderbar ineinander über und dank der technischen Fähigkeiten der Musiker (besonders Leadgitarrist Burak Kilickiran ist hier zu erwähnen) klingen Tula Troubles überhaupt nicht wie die Studentencombo aus deinem Wohnheim – obwohl sie genau das einmal waren.
Das Debütalbum ist in jeder Hinsicht eine runde Sache. Wenn es überhaupt einen Kritikpunkt anzubringen gibt, dann dass “Tula Troubles” mit 15 Liedern und fast 60 Minuten doch eine Spur zu lang geraten ist. Das Niveau über die gesamte Länge aufrecht zu erhalten, das gelingt der Band nicht ganz. Aber trotzdem: Highlights gibt es wirklich genügend. Wer der französischen Sprache mächtig ist, wird in den Texten von Francois Neveu einige wunderbare Zeilen entdecken. Und die Nicht-Frankophilen können sich an großartigen Songs wie dem Tanzbodenfüller “La révolution” oder dem lässig groovenden “Boing” erfreuen, welches das Album erfüllt. A propos “La révolution”: Mit selbigem Song erreichten Tula Troubles einst die zweite Runde in der VOX-Sendung “X-Factor”. Dass Sarah Connor, Moses Pelham und Co. sie in der nächsten Runde absägten, ist eher ein Qualitätsbeweis als sonst etwas.
Dieses Album ist definitiv zu gut, um mit dem Castingshow-Schmonz von Produkten wie Mrs. Greenbird oder Melouria (kennt ihr nicht? Q.E.D.) in einen Topf geworfen zu werden. Wer bei Begriffen wie Ska, Reggae, Polka und, ja, auch Chanson, keinen Ausschlag, sondern eine Gänsehaut bekommt, sollte hier zugreifen. Es gibt ein Kleinod von einer wirklich talentierten Band zu entdecken, die ihren Weg hoffentlich weiterhin so gut machen wird.
JazzPo-Wertung: 8 / 12 Punkten